Wenn das Erwachsene drängt – Über die Abwesenheit von Sexualität in der Gruppenpsychotherapie
Auch wenn die Psychoanalyse vormals der Pansexualität bezichtigt wurde, ist es heute kein Geheimnis, dass gelebte Sexualität in vielen Psychotherapien Erwachsener, unabhängig vom Verfahren, wenig im Zentrum des Besprochenen liegt. Dies gilt für Einzelpsychotherapien und im Hinblick auf die Gruppenpsychotherapie vor dem Hintergrund multipler Schamanlässe eher mehr. So beschreibt Morris Nitsun in seinem Buch The Group as an Object of Desire (2006) den Mangel an gruppenanalytischer Literatur, auf die er seine Gedanken hätte stützen wollen und abgesehen von genau diesem Buch, das bisher nur auf englisch vorliegt, hat sich das von ihm Beklagte nicht grundlegend verändert.
Ausgehend von Freuds Unterscheidung von infantiler und erwachsener Sexualität möchte ich der Frage nach dem Platz erwachsener Sexualität in der gruppenpsychotherapeutischen Behandlung nachgehen. Während die Auseinandersetzung mit kindlicher Sexualität zurecht intensiv geführt wurde und wird, wird der Sexualität Erwachsener weniger Beachtung geschenkt und sie wird eher anderen Forschungs- und Behandlungsfeldern überlassen. So möchte ich ausgehend von sexualwissenschaftlicher Forschung zu erwachsener Sexualität der Frage nach gehen, was wir für die Gruppenanalyse von ihr ableiten können. Vielleicht spiegelt sich der von Nitsun beklagte theoretische Mangel in den gruppenpsychotherapeutischen Sprachschwierigkeiten in der Praxis wieder?
Dipl. Psych. Helge Jannink ist Psychologischer Psychotherapeut (TP) mit Schwerpunkt Gruppenpsychotherapie sowie Gruppenanalytiker (D3G) und Großgruppenleiter (BIG). Darüber hinaus ist er als Sexualpädagoge (gsp) in der sexualitätsbezogenen Fort- und Weiterbildung sowie der Begleitung von Schutzkonzept-Prozessen in Institutionen tätig (biprin.de)
Eine Übersicht der Gruppenanalytischen Gespräche für das Jahr 2025 finden Sie hier